Geschichte von Leibnitz

Nach Aufzeichnungen von Prof. Gert Christian

Bereits 4500 bis 2200 v. Chr. war der Frauenberg in der heutigen Gemeinde Seggauberg oberhalb von Leibnitz besiedelt. Von 450 bis um Christi Geburt entstand dort ein stadtähnlicher Zentralort mit dem Namen Solva, der um 15 v. Chr. in die Ebene in das heutige Wagna verlegt wurde. Im 7. und 8. Jahrhundert siedelten sich einwandernde Slawen am Frauenberg an, gaben dem Ort den Namen Lipnizza (lipanizza = Lindenort) und machten ihn zu einem Gerichts- oder Versammlungsort. Die Linde (lipa) ist der Gerichtsbaum und der heilige Baum der Slawen. Durch die karolingische Rechtsgründung um das Jahr 800 kam das Gebiet von Leibnitz politisch zu Bayern und kirchlich zum Erzbistum Salzburg. Auf dem Leibnitzer Feld, damals Hengistfeldon genannt, entstand der karolingische Ort Sulb, mit einer St. Martinskirche und einem Friedhof Sulb und lag im heutigen Stadtteil Altenmarkt am Ufer der Sulm. Dieser trat die Rechtsnachfolge der römischen Stadt (Civitas) Flavia Solva an, die als Ruinenfeld (altslawisch – zuip), im Gelände sichtbar war. Nach der Zerstörung in der Spätantike und der Neubesiedelung tauchte 970 erstmals in einer Kaiserurkunde der Name Leibnitz (Lipnizza) auf. Um das Jahr 1140 wurde neben dem alten Ort Sulb bzw. Sulpp ein neuer Handelsmarkt angelegt, der – wie die Burg – den Namen     Leibnitz erhielt. Am Ende des Mittelalters lebten hier nur 600 bis 700 Einwohner. 1532 zerstörten die Türken unter dem Kommando ihres Sultans Soliman II. den Markt und töteten und verschleppten viele Bürger. Wegen wirtschaftlicher Schwächen, Türkengefahr, Bauernunruhen und der neuen Lutherischen Lehre verzichtete das Erzbistum 1534 auf die Landeshoheit über Leibnitz und andere Orte in der Steiermark. 1595 schenkte Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau das Schloss und den Markt dem steirischen Bischof und Gegenreformator Martin Brenner.
Die Neuanlage der österreichischen Reichsstraße von Wien nach Triest im Jahre 1734 traf die Wirtschaft des Marktes Leibnitz schwer. Der alte, fast 3000 Jahre lang benutzte „Mitterweg“ – die sogenannte „Römerstraße“ –, die durch Leibnitz führte, wurde aufgelassen und die Gemeinde verkümmerte zu einem unbedeutenden Flecken. Erst mit dem Bau der österreichischen Südbahn von Wien nach Triest erhielt Leibnitz 1846 wieder einen überregionalen Verkehrsanschluss und mit der Neuordnung des österreichischen Staates nach dem Revolutionsjahr 1848 begann der wirtschaftliche Aufstieg durch die Erhebung zum Bezirksvorort des politischen Verwaltungsbezirkes Leibnitz.

Stadterhebung und weitere Entwicklung

An der Schwelle des Ersten Weltkrieges erhob Kaiser Franz Joseph I. am 27. April 1913 Leibnitz zur Stadt. Für die damals größte Marktgemeinde des Kronlandes Steiermark ein festlicher Augenblick. Mit der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand im Jahr 1914 und den damit auslösenden Ersten Weltkrieg gab es eine dramatische Wende. Tausende Flüchtlinge aus Galizien, der Bukowina oder dem Küstenland erreichten damals Leibnitz und Umgebung und fanden zunächst in einem Lager in Wagna Schutz. Nach dessen Schließung in den 1920er Jahren gaben ihnen Leibnitz und die Nachbargemeinden eine neue Heimat und damit vollzog sich auch ein einschneidender, demografischer Wandel. Zu dieser Zeit entstanden eine Reihe von Institutionen wie das Rote Kreuz, das heutige Landeskrankenhaus Wagna und viele neue Vereine, auch militärisch organisierte, die damals bereits den Nationalsozialismus in Leibnitz propagierten.
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Europa in den Jahren 1928 bis 1933 waren in Leibnitz im Handel besonders zu spüren und mit der Machtübernahme durch Adolf Hitler und der Verleihung der 1995 aberkannten Ehrenbürgerschaft von Leibnitz wurde dann ein dunkles Kapitel in unserer Stadt geschrieben. Besonders dramatisch war die Besatzungszeit nach dem 2. Weltkrieg durch die bulgarische Armee und Tito-Partisanen. Viele heimische Soldaten, die bereits wieder in Leibnitz waren, wurden damals von den Besatzern „als Vergeltung“ bis 1945 grauenvoll umgebracht. Nur zögernd erholte sich die Wirtschaft, wurde doch auch die Grenze zum damaligen Jugoslawien hermetisch abgeriegelt und damit ein gewisses Einkaufshinterland verloren. Leibnitz selbst entwickelte sich dabei schnell zum Zentrum der Südsteiermark. 1958 wurde die Expositur Leibnitz des 2. BRG Graz-Pestalozzistraße gegründet, zur ersten Aufnahmsprüfung traten 91 Schüler an. 1961 erfolgte dann die Grundsteinlegung zum Bau des B(R)G in der Wagnastraße und am 3. Dezember 1962 bezogen 400 Schüler das neue Haus.
In den Jahren 1959/1960 wurde die Hermann-Kaserne gebaut, die erste Einheit – das Landwehrstammregiment 52 – rückte 1961 ein. Ab diesem Jahr wurde die Grenze zu unserem Nachbarland Jugoslawien für den Personenverkehr wieder geöffnet und Leibnitz dadurch wieder zu einer beliebten Einkaufsstadt. Ende der 1970er und in den 1980er Jahren erlebte unsere Stadt dann eine wahre Invasion von Einkaufstouristen aus unserem südlichen Nachbarland, der Handel und damit die wirtschaftliche Entwicklung von Leibnitz schritten zügig voran. Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 und der  Loslösung von Slowenien und Kroatien aus dem Staatsverband Jugoslawien im Jahre 1991 gab es kurzfristig einen Einbruch der Handelsbeziehungen. Groß gefeiert wurde in Leibnitz auch der Beitritt Österreichs zur EU im Jahr 1995, positiv wirkte sich auch der EU-Beitritt von Slowenien 2004 auf die grenzüberschreitenden Beziehungen aus. Die wirtschaftliche Prosperität hat sich seitdem stetig entwickelt und so ist Leibnitz heute eine florierende Stadt mit sehr hohem Lebensstandard, der sich in den steigenden Zuwachszahlen der Bevölkerung spiegelt. Derzeit leben in Leibnitz und den nahegelegenen Gemeinden rund 25.000 Einwohner, die Stadt expandiert aber weiter, vor allem östlich der Eisenbahn wie im Stadtteil Linden, in dessen Namen sich wiederum Leibnitz als Abwandlung von Lipnizza = Lindenort wiederfindet.

Mit dem 1. Jänner 2015 wurde die Stadt Leibnitz aufgrund des Gemeindestrukturgesetz mit den Gemeinden Kaindorf an der Sulm und Seggauberg fusioniert.